Für alle, die gerne etwas über die "Seltene Krankheit" wissen möchten, die nach zwei Jahren bei mir endlich richtig diagnostiziert wurde, habe ich diesen persönlichen Report geschrieben. Er ist recht lang, aber es war auch eine lange Reise von den ersten Symptomen bis zur dritten, aber ersten hilfreichen OP:

 

Diejenigen von Euch, die mich persönlich kennen, wissen, dass  im Sommer 2021 die ersten seltsamen Beschwerden und Symptome auftraten, die mit kurzen Pausen immer stärker und umfassender wurden.  Das Jahr 2022 war geprägt von Schwierigkeiten beim Laufen und den ersten seltsam anmutenden plötzlich und kurz auftretenden Ausfallerscheinungen der Beine. Ab Mai 2023 konnte ich dann trotz hochdosierter Schmerzmittel nicht mehr arbeiten. Ab Frühsommer 2023 wurde ich  bettlägerig. Das Schlimmste jedoch waren die kaum noch zu ertragenden Schmerzen.

 

Einige von Euch haben meinen Blog verfolgt, meine erfolglose Odyssee von Neurochirurg zu Neurologe, von Orthopäde zu Schmerztherapeuth. Eine/r war so ratlos wie der Ander/e, aber Ihre Unwissenheit, die nicht selten an Gereiztheit grenzte, verbrämten die meisten mit einer Überheblichkeit, die auch schon mal darin gipfelte, mir weiß machen zu wollen, dass mein Körper völlig gesund sei, ich aber an einer psychischen Störung leide. Wie die meisten Betroffenen habe ich selbst herausfinden müssen,  welche Krankheit mein Leben so aus der Bahn warf: Den Buddhas sei Dank,  traf ich im Internet auf eine Selbsthilfegruppe von Menschen mit den gleichen und/oder ähnlichen Beschwerden, Symptomen und Erfahrungen. Die autodidaktischen "Laien-Experten" unter ihnen haben einen Fundus an Fachwissen und Erfahrungen und vor allen Dingen eine Liste mit Ärzten, die vielleicht helfen können. Die Liste allerdings zählt nicht mehr als 2 Ärzteteams in Deutschland. Das ist viel und Betroffene kommen aus ganz Europa nach Deutschland in der Hoffnung auf Hilfe.

 

Da "meine" Krankheit zu den sogenannten „rare diseases“/"seltenen Krankheiten gehört" existiert sie in der Erlebnis- und Erfahrungswelt der meisten Medizinerinnen nicht. Sie ist kaum erforscht, es gibt kaum Kliniken oder Anlaufstellen, an denen ich als Betroffene Hilfe finden kann. Es ist ein schrecklicher hilfloser Leidensweg, der sich anfühlt wie ein Weg durch einen Tunnel, an dessen Ende nie ein Licht erscheinen wird. Dieser Tunnel war so grausam, weil alles immer schlimmer wurde, aber niemand half. Ich war zweimal in der neurochirurgischen Notaufnahme der Chariete, einmal 7h lang. Sie schienen alles zu untersuchen. Ich wies sie auf die Zysten hin, aber sie pumpten mich nur mit Schmerzmittel voll. Total benommen stand ich 7h später am Ausgang und ein netter Taxifahrer fand mich völlig hilflos taumelnd aufgrund all der Medikamente, die in mir herum schwammen und brachte mich nachhause. Dass die Charité mich so entließ, ist wohl ihrer Einschätzung geschuldet, dass ich psychisch krank sei. Sie empfahlen mir ihre Akut-Sprechstunde.

 

 Die meisten von uns Erkrankten nehmen Opiate und Antiepileptika, da die Schmerzen Ausmaße annehmen, die kaum zu ertragen sind. So auch ich. Störungen aller Funktionen unterhalb des Bauchnabels sind unweigerlich die Folge, da das Nervenzentrum im Sakrum eine große Rolle spielt und wichtige Aufgaben übernimmt. Ist es jedoch gestört, gestresst, verletzt, sendet es Botschaften,  Signale und Empfindungen aus, die von Fremdkörpergefühlen in Gesäß und Beinen, Taubheit, und von Feuer wie im Scheiterhaufen bis hin zu Pfählungsgefühlen reichen. All dies ist überaus verstörend für mich gewesen und kaum auszuhalten.

 

Und doch ich habe Glück gehabt. Im letzten radiologischen Befund fiel mir das Wort „Tarlov-Zysten“auf. Nach endlos scheinender Recherche im Internet fand ich so die Selbsthilfegruppe auf Facebook. 

Zu Beginn stand aber erstmal eine große Enttäuschung. In München praktiziert ein Arzt, der Erfahrung mit Tarlov-Zysten zu haben schien. Als ich ihn konsultierte, sprach er von nur einer Zyste und dass ich nach der OP in 2 Wochen wieder fit sei. Doch auch nach seiner 2. OP ging es mir nicht besser, sondern weiter immer schlechter. Es geht bei dieser Krankheit eben nicht nur um die Zysten. 

Im September dann fand ich Hilfe und Behandlung bei Prof. Dr. von der Brelie und Dr. Rot. Sie sind einer der zwei Ärzte-Teams in Deutschland, die diese Krankheit diagnostizieren können, sie erforschen und im weltweiten Austausch mit den wenigen anderen engagierten Medizinern stehen. In der 1h dauernden Konsultation wurde ich endlich aufgeklärt über die Art und Wesen dieser Krankheit. Mit Hilfe großflächiger MRT-Bilder und den Erläuterungen von  Prof. Dr. von der Brelie begann ich zu verstehen, was bei dieser Krankheit im Körper geschieht und welche Ausprägungen es gibt, auf was zu achten ist etc. .

 

Allgemein:

Einer der Oberbegriffe ist "ARACHNOPATHIE /TARLOV-ZYSTEN". Darunter werden viele Ausformungen zusammengefasst, z.B. ARACHNOIDITIS, eine chronischen Entzündung der weichen Rückenmarkshäute im unteren Bereich der Wirbelsäule. LIQUORFLUSS- STÖRUNGEN gehen auch oft einher damit. Um eine bessere Vorstellung von diesem Leiden zu bekommen, lasst uns einen Blick auf die Anatomie werfen: Die Wirbelsäule besteht aus 24 Wirbelkörpern mit ihren 23 dazwischen liegenden Bandscheiben. Durch den Wirbelkanal läuft der etwa fingerdicke Rückenmarksstrang vom Schädel bis zum Lendenwirbel. Und durch diesen wiederum läuft ein Schlauch – die Dura mater – in der sich die Rückenmarksflüssigkeit – der Liquorcerebrospinalis – befindet, die wie eine Gleitflüssigkeit wirkt. Außerdem befindet sich in der Dura mater aber auch die Spinnengewebshaut, die Experten als Arachnoidea bezeichnen. Und hier kann wohl einiges schief laufen. Wenn sich z.B. der Liquor im Rückenmarkskanal staut, entsteht ein Druck, der schließlich so groß wird, dass sich die Flüssigkeit einen Weg rechts und links der Wirbelsäule bahnt. Das sieht dann so aus wie ein Spinnengewebe. Als Folge kommt es zur Arachnopathie, oder auch zu einer Entzündung, die schließlich sogar zu einer Narbenbildung führt und die Bewegungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Oder es bilden sich mit Liquorflüssigkeit /Nervenwasser gefüllte sogenannte TARLOV-ZYSTEN. Oder, oder, oder…..

Diese Erkrankung und ihre verschiedenen Erscheinungsformen und Ausmaße sind vielfältig, äußerst selten und wenig erforscht. Von Ärztinnen werden sie oft verkannt, mit anderen Diagnosen verwechselt und meiner Erfahrung nach auch einfach ignoriert. Weltweit gibt es nur wenige medizinische Einrichtungen, die sich darauf spezialisiert haben. In Deutschland gibt es immerhin 2 Kliniken und Ärzteteams, die sich mit dem komplexen Krankheitsbild ernsthaft und forschend beschäftigen und sich engagiert bemühen, diese Krankheit aus der Grauzone herauszuholen. 

 

Die Diagnose von Prof. Dr. von der Brelie mich betreffend: 

 

Ich habe „nur“ eine Arachnopathie, also keine akute adhäsive Arachnoiditis (Entzündung) jedoch eine größere Anzahl diverser Tarlov-Zysten am Sakrum. Der Spinalkanal ist "5cm zu lang geworden"  durch eine Art  "Nervensack-Ausbeulung" ebenda, nebst verklebten Nerven. Am 28.12.24 erfolgte meine 4-stündige OP. Das Sakrum wurde "geöffnet", um an die vielen Tarlov-Zysten an S1 bis S3 heranzukommen. Diese wurden entfernt und die Öffnungen verklebt, damit sich keine neue bilden. Dann erfolgte die Thekaloskopie. Thekaloskopie ist ein Eingriff, bei dem mit einem flexiblen Endoskop in den Nervenwasserraum in Höhe der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins eingedrungen wird, um Verklebungen der Nerven zu lösen. Dann wurde das Sakrum wieder "geschlossen" und mittels Titanschrauben fixiert. 

 

 

 Meine OP ist nun 7 Wochen her (Stand: 14.Februar 2024) -  und es geht mir endlich besser.

 

Nach 4 monatiger Bettlägerigkeit kann ich mit Hilfe eines Unterarm-Rollators das Laufen wieder lernen. Sehr glücklich bin auch darüber, dass die Schmerzen, wenn auch noch mittels Einnahme von Opiaten auf ein händelbares Niveau gesunken sind . Die falschen schmerzhaften Nervensignale wie "Scheiterhaufen", "Pfählung" und Fremdkörper in Unterleib, Gesäß und Beinen sind fast alle verschwunden. Noch gibt es Mißempfindungen, Reste von Taubheit und diverse Funktionsstörungen in den Bereichen, die das Nervenzentrum am Sakrum koordiniert, aber ich habe zuversichtliche Geduld. Es dauert nun einmal bis Nerven nach jahrelangem Dauerstress und Quetschungen sich erholen, sich beruhigen und nachwachsen.

 

 

So bin ich auch noch auf Pflege und Hilfe angewiesen. Ich kann zwar nun stehen, laufen und liegen. Aber Sitzen geht immer noch nicht, (was nebenbei bemerkt eine interessante Erfahrung ist. Wir sind eine Sitz-Kultur... und das tut uns übrigens nicht gut.) Bücken oder nach vorne beugen ist mir noch untersagt und ist auch viel zu schmerzhaft und gleichermaßen auch noch gar nicht möglich. Das macht das Anziehen zu einer fast einstündigen Prozedur, was heißt, ich brauche hierbei Hilfe. Das Laufen-Üben ist in kleinen max. 20min-Einheiten am Tag angeordnet. Das heißt, die meiste Zeit liege ich noch im Bett. Da einige Körperfunktionen noch nicht klappen, gibt es Situationen, in denen ich jemanden in bestimmten Augenblicken zur Hilfe brauche. Die Krankenkasse allerdings gesteht mir nach einem Monat Aufenthalt in einer Pflegeeinrichtung nur gelegentliche Besuche einer Pflegerin zu. So mehr oder weniger zuhause allein gelassen würde ich den Alltag nicht bewältigen können. Auch mein Unterarm-Rollator verlöre seinen Sinn, da ich im ersten Stock wohne. In meiner kleinen, aber schönen Altbauwohnung gibt es außerdem viele Schwellen. Auch wüßte ich gar nicht, wie ich die regelmäßigen verschiedenen Arzt- und Physiotherapietermine wahrnehmen sollte.

 

 Deswegen haben Freunde einen Spendenaufruf bei "GoFundMe" initiiert. Dank der ersten Spenden konnte ich 3 Wochen nach der OP direkt von den Bonner Johanniter Kliniken nach Bad Saarow ins " Sukhavati - Zentrum für Spiritual Care" in Pflege gehen. Hier kann ich behutsam beginnen zu heilen. In dieser liebevoll mitfühlenden Atmosphäre und einer perfekt abgestimmten Umgebung mit Arzt, PflegerInnen, Physiotherapeuten etc., kann ich hoffen, dass die Funktionen und Fähigkeiten meines Körpers langsam zurückkehren werden.

 

Das Bonner Ärzteteam sprach von einem halben Jahr, in dem ich ersten fühl- und sichtbare Heilungsschritte machen könnte.  Dr. Feigenbaum aus den USA spricht  in seinem Handbuch für "Freunde & Familie" von einer Heilungsdauer von bis zu 3 Jahren. Auch Prof.Dr. Forest Tennant teilt in seinen Zoom-Webinaren seine Erkenntnisse, die ebenfalls von Heilungsprozessen zeugen, die bis zu 3 Jahren dauern können.
Nun, ich werde sehen - und in Sukhavati ist jeder Tag so voller liebevoller Unterstützung, dass hier Geduld haben leicht fällt. 

 

UPDATE 20.März 2024:
Das letzte MRT zeigt eine weitere Zyste. Sie könnte verantwortlich sein, für die immer stärker werdenden Schmerzen im "Sattelsitz" - Bereich. Am 22.April habe ich ein Telefongesprächstermin mit Prof. Brelie. Da werden wir schauen, was zu tun ist. Jetzt brauche ich mächtig "Courage-Love-Awareness".

 

UPDATE 1.MAI 2024:

Nach dem ich wieder in Bonn drei Tage stationär war, ist wohl die Ursache gefunden, warum sich in S 2und S3 Zysten gebildet haben und warum ich diese außerordentlichen "Sattelsitz"-Schmerzen habe: Liqour-Überdruck- mein Körper produziert zuviel Liquor. Nun beginnt eine konservative Therapie. Ob diese greift, wird erst in 3 Monaten zu erkennen sein. Nun, mit dem von meinem Lebensgefährten konstruierten Sitz, kann ich für eine kurze Zeit tatsächlich sitzen. Möge dies so bleiben oder noch besser, möge sich das immer mehr verbessern. 

 

 

Wenn Ihr mir helfen mögt und könnt, dass ich hier in Sukhavati möglichst lange sein kann, wäre das toll!

Ihr könnt meinen "GoFundMe"-Spenden-Link auch an Freunde & Bekannte und auf den verschiedenen Social Media Plattformen  verteilen. Liebsten Dank dafür!
Über Euer Feedback, Eure Fragen, Anliegen oder anderes freue ich mich auch sehr.
Mir folgen und schreiben könnt Ihr z.B. auf Facebook.
Dort dokumentiere ich meinen hoffentlichen Heilungsprozeß mit Photos und Filmen, beschreibe meine Tage in Sukhavati und lass' Euch anderes wissen.
Auch versuche ich mich auf Instagram.

 

 

Hier auf meiner Website gibt es ein Kontaktformular, dass Ihr gerne nutzen könnt!

Dort kann ich nicht nur Fragen & Ideen beantworten, gerne nehme ich auch Eure Beiträge entgegen und veröffentliche sie auf Wunsch auf dieser Website.
Wie und Wo mit Was auch immer - Ich freue mich auf Euch!
 

Eure Christine (CouragiousTinkabell auf Instagram)

 

 

Ihr findet weiter unten die Ärzte, an die wir uns wenden können. Klickt einfach auf den Namen, dann werdet Ihr weitergeleitet auf die entsprechenden Seiten der Kliniken, Homepages, Kontaktmöglickeiten etc.. Auch die scheinbar weit entfernten US-amerikanischen Ärzte sind uns nah und hilfreich durch ihre zahlreichen Publikationen, die uns wertvolle Hinweise geben.
Möge dies alles hilfreich sein und mögen immer mehr Betroffene rasch angemessene Hilfe finden.
Mögen immer mehr Neurochirurgen sich dieser Krankheit widmen.

  

Besuche mich an meinem wundervollem Platz des Heilens.



Tag der Seltenen Krankheiten

28. Februar 2025